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Mörderische Kost von
cosima
aus der Sparte Krimis/Thriller: Sonstiges - Krimi/Thriller
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Diese Liste wurde 6 mal bewertet. Durchschnitt: 3,2 von max. 4 Sternen.
Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge
Autor/in: Demant, Frank
Herr Schweitzer hat seinen vorabendlichen Zug durch die Gemeinde dank seines auf leidvoller Erfahrung beruhenden Prinzips "Keinen Schnaps!" wohlbehalten überstanden und so wacht er mit einem wohligen Gefühl im Bauch auf, nicht zuletzt wegen Babsi, die er - zusammen mit zwei Freundinnen - in der vorletzten Lokalität, dem Weinfass, kennen gelernt hatte. Nach Frühstück und FR-Lektüre spaziert Herr Schweitzer gut gelaunt durch die Kleingartenanlage, die sich bis fast zum Goetheturm erstreckt. In einem der Gärten hängt statt Fahne eine große ausgestopfte Puppe am Mast: sie trägt eine Mütze mit der Aufschrift "Hessischer Ministerpräsident" und auf einem in Brusthöhe angebrachten Schild heißt es: "Bürger wehrt Euch - keine neue Startbahn!"
Simon Schweitzer, selbst vor über zwanzig Jahren aktiv am Widerstand gegen die Startbahn West beteiligt, verliert sich kurz in Erinnerungen an seine damaligen Kampfgefährten - als ihm dabei aber Klaus-Dieter Schwarzbach einfällt, der mittlerweile eine politische Laufbahn von ganz links nach ganz rechts absolviert hat und als nächster OB gehandelt wird, verscheucht er seine Erinnerungen lieber mit zwei Stück Frankfurter Kranz, die er in dem Gartenlokal am Fuße des Goetheturms zu sich nimmt.
Da er erst so gegen zehn mit Babsi und ihren beiden Freundinnen ganz vage im Weinfass verabredet ist, legt sich Herr Schweitzer nach dem Spaziergang noch zwei Stündchen aufs Ohr, bereitet sich anschließend einen leckeren Salat mit einer Vinaigrette aus Balsmico, kaltgepresstem Olivenöl und frischen sowie getrockneten Kräutern zu, dessen Qualität er nach dem Verzehr mit einem vernehmlichen Rülpser quittiert, und wirft sich dann für den Abend in Schale.
Im Weinfass tauchen etwas später die beiden Freundinnen von Babsi auf, eine davon ist Karin Schwarzbach und die Ehefrau eben jenes unangenehmen Klaus-Dieters, der mal Kampfgenosse von Herrn Schweitzer war. Karin schimpft wie ein Rohrspatz über ihren Gatten, der ohne Ansage einfach nicht zum Abendessen erschienen ist.
Als Schwarzbach am nächsten Morgen immer noch nicht aufgetaucht ist, geht Karin zur Polizei, die aber erstmal abwiegelt. Und so beauftragt sie die Detektei Hagedorn mit Nachforschungen über den Verbleib ihres Gatten. Rein zufälligerweise ist Hagedorn der Schwager von Herrn Schweitzer, und Herr Schweitzer geht diesem schon seit geraumer Zeit ab und zu mal zur Hand. Auf Grund seiner guten Kontakte in der Sachsenhäuser Kneipenszene, könne Herr Schweitzer doch mal unauffällig horche und gugge, was der Herr Abgeordnete Schwarzbach so in der letzten Zeit getrieben hätte, meint der Schwager.
Und so hat Herr Schweitzer noch einen Grund mehr, mal wieder ins Weinfass zu gehen. Der Abgeordnete bleibt zunächst verschollen, ebenso wie Babsi, aber dafür tritt Maria von der Heide auf den Plan.
Immer horche, immer gugge ist eine schöne, langsam erzählte Geschichte, in der - neben vielen klugen Überlegungen - immer Zeit für die Mahlzeiten des Tages bleibt. Ob beim Griechen, beim Inder, bei selbstgemachten Salaten oder Sachsehäuser Spezialitäten - Herr Schweitzer genießt und teilt seinen Genuß. Nur von seinen doch recht regelmäßig konsumierten Gute-Nacht-Joints bekommt man kaum was ab...
Geiseldrama in Dribbdebach
Autor/in: Demant, Frank
Herr Schweitzer hat keine Eile. Er ruht in sich fast buddhagleich und das, obwohl ihm die Teutonische Staatsbank glatt sechs Euro an Gebühren für eine Lappalie abgeknöpft hat. Jetzt ist er auf dem Weg in die Teutonische Filiale am Schweizer Platz, um den Deppen die Meinung zu geigen. Nicht, dass es ihm um die sechs Euro ginge: nachdem er seinen Job als Trambahnfahrer vor drei Jahren geschmissen hat, lebt Simon Schweitzer fast sorgenfrei von Mieteinnahmen, Erbschaft und erklecklichen Börsengewinnen. Es geht mehr ums Prinzip.
Und so schlurft er seines Wegs, kauft beim Bäcker eine Tüte Brötchen und beim Metzger ein Dutzend Knackwürste, dazu von der köstlichen Hausmachersalami, und bestellt fürs Wochenende noch einen eingelegten Sauerbraten. Schon hier würde man sich gerne mal bei Herrn Schweitzer zum Essen einladen.
In der Bank gibt es lange Warteschlangen an den beiden Schaltern, in die sich Herr Schweitzer mit philosophischem Stoizismus einreiht. Und so hängt er seinen Gedanken nach, als plötzlich ein "Hände hoch!" durch den Raum hallt, womit das Geiseldrama in Dribbdebach seinen geradezu klassischen Anfang findet.
Der Bankräuber verhält sich zunächst wie ein Bankräuber: droht den Geiseln mit der Pistole, stellt Forderungen und Ultimaten an die Polizei, die er eindrucksvoll mit der Aussicht auf ein Massaker unterstreicht.
Andererseits scheint er kein schlechter Kerl zu sein, denn er hat eigens einen Container mitgebracht, aus dem er immer mal wieder was hervorkramt, was den Geiseln den Aufenthalt in der Bank etwas angenehmer macht: hübsche Sitzkissen mit Mickey-Maus-Motiv, Wasserflaschen und Plastikbecher und - einen Packen Menükarten der Sachsenhäuser Spezialitätenmetzgerei Pomp, die er zu gegebener Zeit lächelnd an die Geiseln verteilt.
Da seit dem Frühstück doch mittlerweile einige Stunden verstrichen sind, lobt sich Herr Schweitzer, und auch die Leserin, dass der Bankräuber auch in Zeiten großer Ungewißheit die Dinge im Auge behält, die das Leben lebenswert machen und vertieft sich in das Studium der Speisekarte: Lammbraten an Bratkartoffeln und Prinzessböhnchen findet Herr Schweitzer ebenso lecker wie die in Weißwein gedünsteten Pfifferlinge auf Gemüserisotto - Wachteln in Brotteig allerdings, die dritte Hauptspeise, würde er eher seinem Hausschwein verfüttern. Als Vorspeise wird eine französische Zwiebelsuppe geboten und zum Nachtisch Fürst-Pückler-Eis. Herr Schweitzer nimmt das Lamm - und die Dinge ihren turbulenten Verlauf.
Es ist eine vergnügliche Geschichte, die nie Hungergefühle aufkommen lässt: es gibt genug zu essen, die Heldinnen und Helden dürfen sich ausleben - mit allen Konsequenzen - , und Herr Schweitzer trägt mit seinem Blick auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben nicht unwesentlich zum seligen Zustand der Leserin am Ende der Lektüre bei.
Der Fengshui-Detektiv und der Geistheiler
Autor/in: Nury Vittachi
Es ist ein echtes Duo Infernale - C.F. Wong und seine australische Praktikantin Jo McQuinnie. Er schreibt unverdrossen an seinen "Gesammelten Sprüchen östlicher Weisheit" und sie klopft stets und ständig westliche Teenie-Sprüche. Er liebt den Duft von gekochten Kutteln und ekelt sich vor dem Geruch des unvermeidlichen Cappuccino seiner Praktikantin, der das Büro allmorgendlich nach "Kuhmilch stinken" läßt. Sie futtert mit Vorliebe Fast Food und beäugt mit spitzen Zähnen die asiatischen Köstlichkeiten, die bei den regelmäßigen Treffen der Singapurer Gesellschaft der Berufsmystiker gereicht werden. Sie redet was von "Platzhirschen", er versteht "geplatzte Hirsche". Aber nichtsdestotrotz kommen die beiden klar miteinander. Naja, C.F. Wong kostet es schon einige Nerven.
C.F. Wong ist Chinese, 56 Jahre alt und ein anerkannter Fengshui-Meister. Er unterhält in Singapur ein Büro, das jedem anderen Fengshui-Meister die Tränen in die Augen treiben würde, denn seine widerborstig-dreiste Sekretärin Winnie Lim betreibt Arbeitsplatzzementierung durch die Veranstaltung von gezieltem Chaos. Der Meditationsraum ist eine Rumpelkammer, und seine Praktikantin Jo hat den ihr zugewiesenen Schreibtisch entgegen alle Fengshui-Regeln umgestellt. Aber C.F. Wong findet auch hier Trost: "Willst Du sichergehen, dass eine Tradition ihre Wirksamkeit behält - dann ändere sie." (Gesammelte Sprüch östlicher Weisheit, von C.F. Wong, Teil 342).
Die Kriminalgeschichte ist verwickelt, aber nicht unlösbar. Zumindest nicht für C.F. Wong und seine Praktikantin. Während eines Arbeitsbesuchs bei einer Klientin kommt es zu einem Brand in deren Wohnung, der nur durch das beherzte Einschreiten und fachliche Können von C.F. Wong nicht zur Katastrophe gerät. Der Ehemann besagter Klientin ist Zahnarzt und erfährt kurz darauf in seiner Gemeinschaftspraxis Erscheinungen, die dem Gespenst von Canterville alle Ehre machen. Zudem wird eine Freundin von Jo entführt. Und als ob das nicht schon genug wäre, taucht auch noch bei den anderen Mitgliedern der Singapurer Gesellschaft für Berufsmystiker ein malaysischer Geistheiler auf, der sich mit blutrünstigen Ritualen der Verschwiegenheit von Madame Xu (Wahrsagerin) und Dilip Sinha (Gedankenleser) bezüglich des Todeszeitpunkts einer Freundin versichern will. Alles hängt natürlich zusammen, wie immer im Leben, aber der gordische Knoten ist eine Schleife - und so entwirren C.F. Wong und Jo McQuinnie die Zusammenhänge, jeder auf seine Weise.
Es ist ein wirklich schönes Buch, und die Beschreibungen der (kulinarischen) Zusammenkünfte der Singapurer Gesellschaft der Berufsmystiker machen neugierig auf die verschiedenen Ausprägungen der asiatischen Küche. Und es ist wieder eine Bestätigung , dass die im Unionsverlag erscheinenden Krimis immer etwas Besonderes sind.
Mord im Zeichen des Zen
Autor/in: Bottini, Oliver
Louise Boni hasst Schnee. Ihr Bruder ist im Schnee ums Leben gekommen, ihr Mann hat sie im Schnee verlassen und sie hat im Schnee einen Menschen getötet. Louise ist Hauptkommissarin bei der Freiburger Kripo, Dezernat Kapitalverbrechen. Und jetzt, am Samstag Morgen, schneit es, was das Zeug hält. Kein guter Anfang für das bevorstehende Wochenende. Aber ein guter Grund, sich nochmal ins Bett zu legen - in der Hoffnung, die quälenden Bilder vom Mann, der im Schnee verblutet, los zu werden, wenigstens für kurze Zeit. Es ist nicht ihr Tag. Obwohl sie frei hat, klingelt das Diensthandy. Ihr Chef will, dass sie nach Liebau raus fährt. Sie wehrt sich, legt einfach auf. Er lässt nicht locker, setzt sie unter Druck, droht mit einem Disziplinarverfahren. Louise gibt nach. Letzten Endes ist es eine Möglichkeit, die gruseligen Bilder aus ihrem Kopf zu verbannen, für ein paar Stunden. Sie hat Gleichgewichtsstörungen. Deshalb nimmt sie ein Taxi raus nach Liebau. Ihr Auftrag ist eher vage: in Liebau läuft ein nur leicht bekleideter asiatischer Mönch durchs Schneetreiben. Getan hatte er nichts, andererseits würde er mit ziemlicher Sicherheit erfrieren, wenn er mit kaum was am Leib weiter durch den Schnee spazierte. Und davon ließ er sich offensichtlich nicht abbringen. Nicht durch gutes Zureden, nicht durch das Käsebrötchen, das der Ortspolizist Hollerer für ihn in der Metzgerei erstanden hatte, erwägend, dass ein asiatischer Mönch doch sicherlich Vegetarier sei. Als Louise in Liebau eintrifft, ist der Mönch schon ein gutes Stück weiter. Der Kollege Hollerer folgt ihm im Streifenwagen und gibt über Funk seine Positionen an den Posten in Liebau durch. Ein junger Kollege bringt Louise zu Hollerer und dem Mönch. Louise ist eine der Krimi-Heldinnen, die deutlich mehr trinken als essen. Harte Sachen, auf Pegel. Die Geschichte, die sich aus dem Herumwandern des Mönchs im Schnee entwickelt, ist spannend erzählt, das Verbrechen skandalös und trostlos, der Blick auf die Opfer voller Empathie und frei von Klischees. Aber eigentlich geht es um Louise. Um Louise, die Flachmänner in den Taschen ihrer Winterjacke verstaut. Die hartnäckig ihre Arbeit macht und sich gleichzeitig von ihrem Obermacho-Chef rumschubsen lässt. Die fliehen und bleiben, vergessen und wissen will. Mord im Zeichen des Zen ist voller Leben. Auch wenn es wenig zu essen gibt: Hungergefühle kommen nicht auf. Die Leserin wird mit anderem versorgt: mit freundschaftlichen Gefühlen für eine mit sich und der Welt kämpfenden Heldin.
Shanghai Dinner
Autor/in: Nury Vittachi
C.F.Wong hat eine Zweigstelle in Shanghai eröffnet - aber offensichtlich den Mietvertrag nicht genau genug gelesen. Jedenfalls pendelt plötzlich die Abrissbirne vor seinem brandneuen Büro, und das ist ganz schlechtes Feng Shui! Es folgen die üblichen Verwicklungen: Joyce gerät zufällig in die Schusslinie gewaltbereiter Veganer, während C.F.Wong sich den Bauch vollschlägt mit Tieren, die zuvor live und in Farbe vom Koch vor den entzückten Dinnergästen zu Tode gefoltert wurden. Selbstverständlich hängt das Alles irgendwie zusammen - auch mit einem weißen Elefanten und dem Besuch des amerikanischen Präsidenten... Es stellt sich die Frage: was ist nur aus C.F.Wong geworden? Hier darf er sich von seiner kapitalistischsten Seite zeigen. Feng Shui? Dient doch alles nur dem schnöden Mammon! Und Wongs Gier nach wirklich Ausgefallenem. Oberskurril, witzig, brachial und: kulturkritisch. Geht nicht? Geht!